[
{
„start“: 0.06,
„end“: 1.86,
„text“: „Marx war ein Verfechter der Demokratie.“
},
{
„start“: 4.12,
„end“: 6.28,
„text“: „Marx war nicht nur ein Demokratieskeptiker.“
},
{
„start“: 6.88,
„end“: 10.72,
„text“: „In dem neuen Buch, Marx als Demokrat, zeigt Alex Demirovich.“
},
{
„start“: 11.58,
„end“: 17.98,
„text“: „Marx wollte die demokratische Idee kollektiver Selbstverwaltung aus ihrer Erstarung in bürgerlichen Institutionen befreien.“
},
{
„start“: 24.54,
„end“: 32.32,
„text“: „EU-Staaten Grenzkontrollen verschärfen und die Regenbogenflagge nicht am Reichstagsgebäude gehisst werden soll, wird Kritik von links laut.“
},
{
„start“: 33.2,
„end“: 38.96,
„text“: „Natürlich ist man dagegen, dass ein US-Präsident dem Rest der Welt in fürstlicher Manier Strafzahlungen aufdrückt.“
},
{
„start“: 39.6,
„end“: 46.64,
„text“: „Natürlich will man nicht, dass Menschen daran gehindert werden, sich frei zu bewegen oder queeren Menschen symbolische Solidarität verwehrt wird.“
},
{
„start“: 47.42,
„end“: 50.58,
„text“: „Wenn die Welt sich nach rechts neigt, müssen Linke standhaft sein.“
},
{
„start“: 51.34,
„end“: 55.1,
„text“: „Nur… Was verteidigen Linke in solchen Momenten eigentlich?“
},
{
„start“: 55.84,
„end“: 60.06,
„text“: „Eine neoliberal globalisierte Welt des freien Personen- und Warenverkehrs?“
},
{
„start“: 60.84,
„end“: 65.459,
„text“: „Einen bürgerlichen Staat, der Minderheiten von oben herab ein Existenzrecht gewährt?“
},
{
„start“: 66.0,
„end“: 67.26,
„text“: „Den Status quo an sich?“
},
{
„start“: 68.38,
„end“: 76.12,
„text“: „In Krisenzeiten stellt sich für viele Linke die Frage, ob man mit Vorbehalt für etwas einstehen kann, ohne damit die eigene Kritik zu untergraben.“
},
{
„start“: 76.88,
„end“: 87.46,
„text“: „Und zugleich, ob man es sich in einer Zeit, in der nicht mal mehr konservative und sozialdemokraten noch überzeugt für die liberale Demokratie-Partei ergreifen, leisten kann, diese aufzugeben.“
},
{
„start“: 88.42,
„end“: 93.44,
„text“: „Unverhofft finden sich dazu Denkanstöße in Alex Demirovich‘ neuem Buch Marx als Demokrat.“
},
{
„start“: 94.1,
„end“: 95.92,
„text“: „Oder das Ende der Politik.“
},
{
„start“: 96.64,
„end“: 105.52,
„text“: „Der Frankfurter Sozialwissenschaftler und Host des Podcasts TLDR Too Long Didn’t Read bietet einen kompakten Überblick über Karl Marx‘ Gedanken zur Demokratie.“
},
{
„start“: 106.56,
„end“: 112.78,
„text“: „Neben Demirovic-Aufsatz versammelt der schmale Band relevante Primärtexte von Karl Marx und Friedrich Engels zum Thema.“
},
{
„start“: 113.74,
„end“: 115.18,
„text“: „Gleich vorab muss gewarnt werden.“
},
{
„start“: 115.86,
„end“: 121.94,
„text“: „Wer konkrete Gegenwartsanalysen und Handlungsanleitungen sucht, wird zwischen diesen zwei Buchdeckeln nicht fündig.“
},
{
„start“: 123.1,
„end“: 131.06,
„text“: „Demirovic-Buch fliegt über weite Strecken auf theoretischer Flughöhe und lässt die drängenden Fragen besorgter Zeitgenossen unbeantwortet.“
},
{
„start“: 132.26,
„end“: 139.02,
„text“: „Allerdings bietet diese Art des Nachdenkens den Luxus, sich frei zu machen vom Gerede der Talkshows und Zeitungskommentare.“
},
{
„start“: 140.12,
„end“: 147.96,
„text“: „Von Demirovic Marx-Lektüre können wir lernen, dass es nicht darum geht, ein für alle Mal die richtigen Antworten auf die oben gestellten Fragen zu erlangen.“
},
{
„start“: 148.88,
„end“: 155.58,
„text“: „Es geht nicht darum, auf der richtigen Seite zu stehen, eine widerspruchsfreie und slogentaugliche Position zur Demokratie zu finden.“
},
{
„start“: 156.58,
„end“: 164.96,
„text“: „Vielmehr geht es darum, sich bei jeder neuen politischen Entscheidung zu fragen, ob hier demokratische Freiheitsräume geschaffen oder vernichtet werden.“
},
{
„start“: 165.98,
„end“: 169.64,
„text“: „Es geht nicht darum, ob Demokratie draufsteht, sondern ob Demokratie drin ist.“
},
{
„start“: 171.26,
„end“: 172.96,
„text“: „Demokratische Doppelgesichtigkeit.“
},
{
„start“: 175.1,
„end“: 184.76,
„text“: „Unverhofft ist diese Veröffentlichung, da Marx der Vorwurf anhaftet, er sei antidemokrat, habe die Demokratie allein als fassadebürgerlicher Herrschaft verstanden.“
},
{
„start“: 185.64,
„end“: 191.28,
„text“: „Schließlich stellt er eighteenhundertachtundvierzig im Manifest der kommunistischen Partei gemeinsam mit Engels fest.“
},
{
„start“: 191.98,
„end“: 197.74,
„text“: „Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen bourgeois-Klasse verwaltet.“
},
{
„start“: 199.0,
„end“: 202.96,
„text“: „Demirovic möchte dieser voreiligen Lesart mit einer Gegenerzählung kontern.“
},
{
„start“: 203.7,
„end“: 207.06,
„text“: „Ähnliches hatte zuletzt Bruno Leipold in Citizen Marx versucht.“
},
{
„start“: 207.88,
„end“: 211.88,
„text“: „Entgegen klassischen Auffassungen präsentiert Leipold Marx als Republikaner.“
},
{
„start“: 212.78,
„end“: 216.68,
„text“: „Nun zeigt Demirovich ihn als Demokraten und seine Erzählung geht so.“
},
{
„start“: 217.74,
„end“: 221.34,
„text“: „Marx war sowohl radikaler Verfechter als auch Kritiker der Demokratie.“
},
{
„start“: 222.44,
„end“: 231.24,
„text“: „Der junge Marx war ein glühender Radikaldemokrat und stellte deshalb eighteenhundertdreiundvierzig in zur Kritik der Hegelchen Rechtsphilosophie fest.“
},
{
„start“: 232.02,
„end“: 235.14,
„text“: „Die Demokratie ist das aufgelöste Rätsel aller Verfassungen.“
},
{
„start“: 235.9,
„end“: 243.54,
„text“: „gegen den deutschen Philosophen Hegel argumentiert er, souverän sei nicht der Monarch, sondern das Volk, selbst in der Monarchie.“
},
{
„start“: 244.42,
„end“: 251.98,
„text“: „Denn der Monarch, so formuliert es Demirovich, stellt ein undemokratisches Moment in einem der Möglichkeit nach demokratischen Prozess dar.“
},
{
„start“: 253.2,
„end“: 263.16,
„text“: „Doch zunehmend kommen Marx Zweifel, die Erfahrungen der Revolution von eighteenhundertachtundvierzig und die darauf folgenden konterrevolutionären Entwicklungen verstärken diese nur.“
},
{
„start“: 264.24,
„end“: 272.78,
„text“: „Er fragt sich, ob die Demokratie vielleicht gar nicht das aufgelöste Rätsel aller Verfassungen, sondern viel mehr Instrument und Deckmantel bürgerlicher Herrschaft sei.“
},
{
„start“: 273.88,
„end“: 285.88,
„text“: „Demirovic zeichnet Marx Blick auf die Demokratie in dem Spannungsfeld zwischen Herrschafts- und Befreiungsinstrument in engem Dialog mit dessen Texten nach und bietet so ein präzises Bild der demokratischen Doppelgesichtigkeit.“
},
{
„start“: 286.9,
„end“: 291.82,
„text“: „Es gibt unterschiedliche Gründe für Marx Zweifel am emanzipatorischen Potenzial der Demokratie.“
},
{
„start“: 292.88,
„end“: 304.28,
„text“: „Zu Beginn nimmt er das liberaldemokratische Versprechen, dass das Volk griechisch Demos und nicht das Bürgertum oder das Kapital in der Demokratie herrscht, noch ernst.“
},
{
„start“: 305.18,
„end“: 307.84,
„text“: „Aber später erkennt er es zunehmend als Illusion.“
},
{
„start“: 308.8,
„end“: 319.12,
„text“: „Zunächst, weil die liberalen Demokratien historisch einen Aufstand des Bürgertums gegen den feudalen Adel und die Monarchie darstellten und das Volk dabei höchstens nützliches Beiwerk darstellte.“
},
{
„start“: 320.24,
„end“: 325.72,
„text“: „In diesem Sinne versteht Marx den Parlamentarismus als rationale Lösung bürgerlicher Herrschaft.“
},
{
„start“: 326.7,
„end“: 331.58,
„text“: „Die bürgerlichen waren alles andere als überzeugte Demokraten und sind es auch heute nicht immer.“
},
{
„start“: 332.5,
„end“: 340.86,
„text“: „Aber der Parlamentarismus ermöglicht es, eine konflikthafte Einheit der Gesamtbourgeoisie zu bilden, die kollektiv über den Rest der Gesellschaft herrscht.“
},
{
„start“: 341.68,
„end“: 343.06,
„text“: „Demirovic formuliert das so.“
},
{
„start“: 343.88,
„end“: 349.58,
„text“: „Der Parlamentarismus ist von allen schlechten die am wenigsten schlechte Regierungsform für die Bourgeoisie.“
},
{
„start“: 350.58,
„end“: 355.74,
„text“: „Der Zugang zu den staatlichen Institutionen ist schließlich den bürgerlichen Klassen vorbehalten.“
},
{
„start“: 356.58,
„end“: 357.64,
„text“: „Das gilt auch heute noch.“
},
{
„start“: 358.36,
„end“: 361.86,
„text“: „Achtzig Prozent der Abgeordneten des Deutschen Bundestags haben studiert.“
},
{
„start“: 362.36,
„end“: 364.02,
„text“: „Ungefähr jeder Fünfte ist Jurist.“
},
{
„start“: 364.82,
„end“: 368.26,
„text“: „Gleichzeitig schließt die Demokratie die Arbeitenden nicht gänzlich aus.“
},
{
„start“: 369.02,
„end“: 373.2,
„text“: „Man billigt ihnen das allgemeine Wahlrecht, Parteien und den Wohlfahrtsstaat zu.“
},
{
„start“: 374.2,
„end“: 380.74,
„text“: „Allerdings liegt darin kein ernstzunehmendes Mitbestimmungsrecht, sondern eine Festigung des kapitalistischen Systems, so mag’s.“
},
{
„start“: 381.52,
„end“: 389.86,
„text“: „Denn eine Demokratie kann durch ihre Parlamentsdebatten und Regierungswechsel, anders als etwa der Feudalismus, Veränderung integrieren.“
},
{
„start“: 390.76,
„end“: 396.04,
„text“: „Deshalb ist sie laut Demirovich eine Herrschaftsform, die Stabilität und Dynamik miteinander verbindet.“
},
{
„start“: 396.72,
„end“: 401.58,
„text“: „oder vielmehr durch ihre Veränderungsfähigkeit wird die bürgerliche Herrschaft besonders stabil.“
},
{
„start“: 403.24,
„end“: 405.2,
„text“: „Der neue autoritäre Kapitalismus.“
},
{
„start“: 407.3,
„end“: 413.66,
„text“: „Wie genau sich diese revolutionäre Kraft der Demokratie historisch manifestiert hat, führt Demirovic nicht weiter aus.“
},
{
„start“: 414.6,
„end“: 420.16,
„text“: „Aber die Geschichte hält viele Beispiele bereit und die Gegenwart scheint Marx Beobachtung erneut zu belegen.“
},
{
„start“: 421.38,
„end“: 437.82,
„text“: „Während die Kritik der nineteenhundertsechzig Bewegung am Starrenfordismus einen progressiven globalisierten Neoliberalismus hervorgebracht hat, führt die autoritäre Kritik an eben dieser neoliberalen Globalisierung heute zur Bildung eines neuen libertärautoritären Regimes.“
},
{
„start“: 438.9,
„end“: 445.74,
„text“: „Auf einen ökonomisch wie legitimatorisch schwächelnden Kapitalismus antwortet heute ein Projekt nationaler Härte.“
},
{
„start“: 446.78,
„end“: 455.4,
„text“: „Nach außen wird die Nation abgeriegelt, um ein nationales Wir-Gefühl zu stärken und die Kritik am globalisierten Neoliberalismus zu besänftigen.“
},
{
„start“: 456.3,
„end“: 465.84,
„text“: „Dadurch kann im Inneren umso leichter der Leistungsdruck erhöht werden, etwa indem die Grenzen der täglichen Arbeitszeit aufgeweicht und das Renteneintrittsalter erhöht werden soll.“
},
{
„start“: 466.78,
„end“: 479.9,
„text“: „Kurzum… Ein neuer autoritärer Kapitalismus, den die AfD zunehmend auch Teile der CDU befürworten, konkurriert mit dem alten Neoliberalismus, den CDU und SPD nur noch schwächlich verteidigen.“
},
{
„start“: 481.1,
„end“: 491.78,
„text“: „Während dieser rhetorisch scharf geführte Konflikt den Schein demokratischer Alternativen inszeniert, gerät aus dem Blick, wie wenig sich die Optionen eigentlich voneinander unterscheiden.“
},
{
„start“: 492.78,
„end“: 500.46,
„text“: „Das Grundgerüst aus Profitmaximierung, Besitz- und Lohnverhältnissen kombiniert mit rassistischen Ausschlüssen bleibt unangetastet.“
},
{
„start“: 501.38,
„end“: 511.0,
„text“: „Der Pluralismus der liberalen Demokratie entpuppt sich, in Demirovic Worten, als einer der graduellen Differenzen, der auf der Basis geteilter Prämissen fußt.“
},
{
„start“: 511.98,
„end“: 518.22,
„text“: „Ein ernsthafter Pluralismus würde radikal unterschiedliche, also auch nicht kapitalistische, zukünfte denkbar machen.“
},
{
„start“: 519.36,
„end“: 526.52,
„text“: „In einer bürgerlichen Demokratie passiert das, so Marx, wenn der Klassenkampf in das liberal-demokratischen Konsensspiel einbricht.“
},
{
„start“: 527.34,
„end“: 534.64,
„text“: „Aber, könnte man einwenden, die Demokratie verspricht doch allen, auch den Arbeitenden, Freiheit und Gleichheit.“
},
{
„start“: 535.64,
„end“: 538.2,
„text“: „Aber nur vorgeblich gibt Marx zu bedenken.“
},
{
„start“: 539.14,
„end“: 545.84,
„text“: „Während die bürgerliche Politik allen Freiheit und Gleichheit zusichert, herrscht in ihrer Ökonomie Ungleichheit und Unfreiheit.“
},
{
„start“: 546.66,
„end“: 554.24,
„text“: „Menschen ohne Besitz und Millionenerbe müssen ihre Arbeitskraft verkaufen und sind dabei den schwankenden Launen des Marktes unterworfen.“
},
{
„start“: 554.92,
„end“: 560.22,
„text“: „Das stimmt umso mehr, wenn soziale Sicherungsnetze wie gegenwärtig das Bürgergeld geschwächt werden.“
},
{
„start“: 561.08,
„end“: 563.58,
„text“: „Die Freiheit einen schlechten Job abzulehnen fehlt.“
},
{
„start“: 564.34,
„end“: 570.0,
„text“: „Was hinter den Fabriktoren oder in der Bäckerstube passiert, straft das demokratische Versprechen also Lügen.“
},
{
„start“: 570.8,
„end“: 582.66,
„text“: „Doch die Illusion der Freien und Gleichen, die ohne Zwang Arbeit und Waren tauschen, ist nicht einfach eine kontrafaktische Behauptung, sondern so Marx laut Demirovic, eine alltagsreligiöse Praktik.“
},
{
„start“: 583.78,
„end“: 587.94,
„text“: „Sie stellt die notwendige Bedingung für den reibungslosen Ablauf des Kapitalismus dar.“
},
{
„start“: 588.88,
„end“: 591.38,
„text“: „Die Marxische Kritik zielt auf einen Kerngedanken.“
},
{
„start“: 592.34,
„end“: 601.44,
„text“: „In der bürgerlichen Gesellschaft begegnen die Menschen einander und ihren Fähigkeiten nicht unmittelbar, sondern nur vermittelt durch Parlament, Staat, Tausch und Geld.“
},
{
„start“: 602.16,
„end“: 607.9,
„text“: „All das ist nach Marx in Demirovic Worten eine Traumwelt, die ihre Wirklichkeit nicht finden kann.“
},
{
„start“: 608.86,
„end“: 611.2,
„text“: „Die bürgerliche Demokratie ist ihr Luftschloss.“
},
{
„start“: 612.0,
„end“: 622.34,
„text“: „Marx Utopie lautet hingegen, dass sich die Menschen die Fähigkeiten, mit denen sie heute den Staat und die Wirtschaft am Laufen halten, aneignen, um ein freieres Miteinander gestalten.“
},
{
„start“: 623.28,
„end“: 627.48,
„text“: „Dieser demokratische Kampf muss allerdings gegen die bürgerliche Demokratie geführt werden.“
},
{
„start“: 628.14,
„end“: 631.2,
„text“: „Strategisch können dafür durchaus dessen Mittel genutzt werden.“
},
{
„start“: 631.88,
„end“: 635.12,
„text“: „Die Werte der Freiheit und Gleichheit oder das Parlament.“
},
{
„start“: 636.54,
„end“: 643.6,
„text“: „Aus diesem Spannungsfeld des Demokratischen ergeben sich viele weitere Fragen, deren Antworten Marx wie auch Demirovic schuldig bleiben.“
},
{
„start“: 644.5,
„end“: 650.96,
„text“: „Wie genau kann der bürgerlichen Demokratie mehr Demokratie abgetrotzt werden, um ein freieres Miteinander zu erreichen?“
},
{
„start“: 652.06,
„end“: 656.2,
„text“: „Was kann Demokratie jenseits ihrer liberaldemokratischen Verengung bedeuten?“
},
{
„start“: 657.6,
„end“: 660.64,
„text“: „Der Untertitel des Buches kündigt ein Ende der Politik an.“
},
{
„start“: 661.66,
„end“: 668.4,
„text“: „Aber gäbe es in einer postkapitalistischen Gesellschaft ohne Klassenunterschiede wirklich keine grundlegenden politischen Konflikte mehr.“
},
{
„start“: 670.38,
„end“: 682.56,
„text“: „Radikale Demokratie Diesen Fragen hat sich in kritisch-solidarischer Abgrenzung vom Marxismus in den neunzehntundachziger Jahren die radikale Demokratie-Theorie gewidmet.“
},
{
„start“: 683.46,
„end“: 687.04,
„text“: „Zu ihren Stichwortgebern zählen etwa Ernesto Lacleau und Chantal Mouff.“
},
{
„start“: 688.0,
„end“: 695.94,
„text“: „Anders als Marx verstehen sie die Demokratie nicht instrumentell, als Ausschuss der Bourgeois oder als Mittel der Befreiung, sondern als Selbstzweck.“
},
{
„start“: 696.84,
„end“: 704.9,
„text“: „Demokratie ist für sie das politische Ringen um den leeren Ort der Macht, wie eine bekannte Formulierung des radikaldemokraten Claude Le Force lautet.“
},
{
„start“: 705.64,
„end“: 711.62,
„text“: „Historisch hält vor allem das Bürgertum diesen Ort besetzt, allerdings könnte sie auch vom Thron gestoßen werden.“
},
{
„start“: 712.84,
„end“: 715.56,
„text“: „Politischer Konflikt wird hier als grundmenschlich verstanden.“
},
{
„start“: 716.12,
„end“: 723.44,
„text“: „Auch in einer postkapitalistischen Gesellschaft würde es ein Ringen um die Richtung geben, die über die Fragen der Ressourcenverwendung hinausgehen.“
},
{
„start“: 724.52,
„end“: 737.32,
„text“: „Die Theorischule versucht also, die demokratische Idee aus ihrer liberalen Verengung auf bürgerliche Rechte, Pflichten und Wahlen zu lösen und die Souveränität des Volkes gegenüber der des Kapitals zu behaupten.“
},
{
„start“: 738.3,
„end“: 742.22,
„text“: „Wer das Volk ist, bleibt dabei eine Frage des politischen Kampfes.“
},
{
„start“: 743.36,
„end“: 762.48,
„text“: „Demirovic fordert die radikal demokratische Skepsis gegenüber Marx-Demokratieverständnis heraus, indem er Marx-Versuch offenlegt, die demokratische Idee, kollektiven Entscheidungen über die Gesamtheit der Lebensverhältnisse oder die freie Diskussion vor ihrer erstarten Entfremdung in den bürgerlichen Institutionen zu retten.“
},
{
„start“: 763.32,
„end“: 772.12,
„text“: „Doch obwohl Demirovich diese Doppelgesichtigkeit des Marxischen Blicks auf die Demokratie herausarbeitet, bleibt das kritische Gesicht weitaus konturierter als das utopische.“
},
{
„start“: 773.08,
„end“: 776.28,
„text“: „In diesem Sinne bestätigt er die radikal-demokratischen Zweifel.“
},
{
„start“: 777.24,
„end“: 782.9,
„text“: „Einen Hinweis, in welche Richtung Marx utopischen Visionen zeigen, gibt Demirovich gegen Ende doch noch.“
},
{
„start“: 784.18,
„end“: 790.72,
„text“: „In der Pariser Kommune von Achtzehnhundertundsiebzig sah Marx ein geglücktes Beispiel kollektiver Selbstregierung.“
},
{
„start“: 791.86,
„end“: 807.4,
„text“: „Im Aufstand und der folgenden Selbstverwaltung der Pariser im Zuge des deutsch-französischen Kriegs entdeckte er, so Demirovich, eine Gesellschaft, die selbst und für sich selbst handelt, sich nicht durch den Staat vermitteln lässt, sondern den Staat in die Gesellschaft zurücknimmt.“
},
{
„start“: 808.56,
„end“: 815.64,
„text“: „Die Kommunaden verteilten leerstehende Wohnungen an Bedürftige und erprobten erste Ansätze der Selbstverwaltung von Fabriken.“
},
{
„start“: 816.8,
„end“: 822.32,
„text“: „Welches Verhältnis zur Demokratie Marx heutigen Linken anraten würde, lässt Demirovic unbeantwortet.“
},
{
„start“: 823.34,
„end“: 825.66,
„text“: „Im ersten Moment mag das unbefriedigend wirken.“
},
{
„start“: 826.54,
„end“: 829.88,
„text“: „Auf den zweiten Blick lässt sich in der Lehrstelle jedoch eine Antwort erkennen.“
},
{
„start“: 831.14,
„end“: 838.8,
„text“: „Es geht nicht um die Frage Demokratie ja oder nein, sondern welche Demokratie, in welcher historischen Situation.“
},
{
„start“: 839.96,
„end“: 846.1,
„text“: „Es ist mitnichten die Aufgabe der Linken, um jeden Preis liberaldemokratische Institutionen zu verteidigen.“
},
{
„start“: 847.14,
„end“: 857.62,
„text“: „Aber es ist ihre Aufgabe, alles zu verteidigen und neu aufzubauen, was die demokratische Idee kollektiver Selbstverwaltung fördert, anstatt sie aufzugeben und den Bürgerlichen zu überlassen.“
},
{
„start“: 858.72,
„end“: 865.48,
„text“: „Welche Kämpfe dafür gekämpft werden müssen, was realistisch ist und was nicht, muss in jeder historischen Situation neu entschieden werden.“
},
{
„start“: 866.48,
„end“: 869.86,
„text“: „Heute mag es also darum gehen, Grenzkontrollen zu kritisieren.“
},
{
„start“: 870.46,
„end“: 874.46,
„text“: „Morgen hingegen könnte es schon darum gehen, die Grenzen abzuschaffen.“
}
]